Eckert
Martina Lindner
DebbieBloggerin
Mai 2025

Die Burgruine Glambek – Zweifel, Ziegel und Zusammenarbeit

Für mich als Inselführerin gehört die mittelalterliche Burgruine Glambek zu den wichtigsten Schauplätzen der Inselgeschichte und ist einer meiner Lieblingsplätze. Habt ihr euch auch schon mal gefragt, was diese Burgruine so besonders macht? 

Lorenz Luick vom Institut für Vor- und Frühgeschichtliche Archäologie an der Universität Hamburg hat das auf der Halbinsel Burgtiefe gelegene Areal im September 2024 untersucht und dabei spannende, neue Erkenntnisse gewonnen. Ich habe den Archäologen getroffen und einen exklusiven Einblick in die Geschichte und die aktuellen Erkenntnisse der Ausgrabungen erhalten, die ich euch hier gerne vorstellen möchte:

Herr Luick, Sie bezweifeln, dass die Burg Glambek tatsächlich vom Dänenkönig Waldemar II. um 1210 erbaut wurde?

Lorenz Luick: Ja, ich bin wirklich skeptisch. Bei der Auswertung der Schriftquellen muss ich mich zwar stark auf die Historiker verlassen, aber zum Glück hat sich erst vor Kurzem ein Kollege aus Kiel intensiv mit den Schriftquellen zur Burg auseinandergesetzt. Demnach gibt es keine zeitgenössische Quelle, die einen Burgenbau durch Waldemar II. auf Fehmarn belegt. Die frühste gesicherte Quelle zur Burg Glambek stammt aus dem Jahr 1318. Damals verpfändete der dänische König Erik VI. Menved die Burg an seinen Truchsess Nicolaus Olafson. Eine spätere Quelle besagt zwar, dass König Waldemar II. eine Burg auf Fehmarn besessen haben soll, sie gibt aber keine Auskunft, wo sich diese Burg auf der Insel befunden haben soll. 

Auch das Mauerwerk selbst scheint mir nicht ins 13. Jahrhundert zu datieren, auch wenn Herr Johannes Voß (Heimatforscher) es 1898 mit dem der Waldemarsmauer (Danewerk) verglichen hat und Herr Richard Haupt (Sachverständiger) es damals ähnlich früh datierte. Vermutlich sind die Steine eher mit den Bautätigkeiten der Lübecker Mitte des 15. Jahrhunderts in Verbindung zu bringen.  
Eine Hintertür für eine frühere Datierung will ich mir aber offen lassen. So haben wir bei unseren Ausgrabungen Keramikscherben gefunden, die sich eventuell ins 13. Jahrhundert datieren lassen. Und die naturwissenschaftlichen Datierungen stehen auch noch aus. Es bleibt also spannend, was die Datierung der Burg anbelangt. 

Wie kam es zu diesen neuen Ausgrabungen auf der Burgruine – mehr als 100 Jahre nach der letzten Ausgrabung dort?

Luick: Im Jahr 2023 haben uns die Kollegen vom Archäologischen Landesamt Schleswig-Holstein (ALSH) auf die Burgruine Glambek aufmerksam gemacht. Da wir an der Universität Hamburg einen Schwerpunkt auf der Burgenforschung haben, haben die Kollegen uns gefragt, ob wir nicht zu Lehr- und Forschungszwecken die Burg Glambek mit unseren geophysikalischen Messgeräten untersuchen möchten. Als dann die Ergebnisse unserer Untersuchungen so gut waren und das Interesse an der Burg bei allen beteiligten Akteuren so groß war, haben wir gemeinsam eine erste Lehr- und Forschungsgrabung organisiert, an der neben Studentinnen und Studenten aus Hamburg noch zwei Studenten der Universität Bergen teilgenommen haben, ohne die die Ausgrabung nicht so erfolgreich verlaufen wäre. Mit der Ausgrabung wollten wir klären, welche Überreste der Burg sich im Boden finden lassen und vor allem, wie gut und bis zu welcher Tiefe sie noch erhalten sind. Außerdem haben wir gehofft, Funde zu machen, die uns bei der Datierung der Burg helfen. 

Neben Herrn Voss war mit Prof. Richard Haupt ein weiterer Sachverständiger maßgeblich an den Ausgrabungen von 1908 beteiligt. War ihre Dokumentation für Ihr Vorhaben nützlich? 

Luick: Die Berichte und Zeichnungen von R. Haupt und J. Voss waren für uns von Anfang an eine große Hilfe. Allerdings haben die beiden – wie alle Forscherinnen und Forscher – ihre Schwerpunkte. Daher finden sich bei beiden sehr detaillierte Beschreibungen der Türme, besonders des Hauptturms, aber die restliche Innenbebauung wird eher kurz und knapp abgehandelt. Außerdem mussten wir feststellen, dass die Kartierungen von J. Voss und R. Haupt voneinander abweichen. Sie haben unter anderem unterschiedlich viele Brunnen und einige Mauerzüge leicht abweichend eingezeichnet. Leider hat keiner der genannten Herren und auch nicht Herr Bundies, der die Freilegungsarbeiten geleitet hat, ihr Vorgehen oder Zwischenschritte beschrieben, Detailzeichnungen von Baustrukturen oder Fundzeichnungen angefertigt. So hatten wir durch die Berichte und auch dank zeitgenössischer Postkarten und Fotos zwar eine grobe Vorstellung, wie die Burg nach den Arbeiten 1908 ausgesehen hat, uns fehlten aber wichtige Details. Weshalb wir auch nicht genau abschätzen konnten, wie umfangreich und tiefgreifend die Arbeiten gewesen sind. Die geomagnetische Voruntersuchung hat uns dann schon einmal einen Hinweis auf die Relikte unter der Grasnarbe gegeben, aber erst durch die Grabung wissen wir, wie hervorragend und tiefreichend die baulichen Reste der Burg erhalten geblieben sind. 

Gab es bei Ihren Ausgrabungen spannende Erkenntnisse?

Luick: Die gesamte Burganlage ist spannend und etwas ganz Besonderes. Außerdem ist noch so vieles von der Bausubstanz gut erhalten geblieben. Spannend sind vor allem die Funde aus den Abfallgruben. Eine Kollegin hat bei einer ersten oberflächlichen Begutachtung festgestellt, dass in der Grube ein breites Spektrum an Tierknochen von Rind über kleinere Säugetiere und Vögel bis hin zu unterschiedlichen Fischarten entsorgt wurde. Ein Kollege, der sich besonders mit Fischknochen auskennt, hat uns wiederum gesagt, dass wir nicht nur Fisch aus der Ostsee gefunden haben, sondern auf der Burg auch Stockfisch aus dem Atlantik gegessen wurde. 

Erstmals konnten wir den gepflasterten Fußboden im Kellergebäude dokumentieren. Im Mittelalter und auch in der frühen Neuzeit sind Fußböden aus Ziegelsteinen eher die Ausnahme. Aus der Grube unter der Feldsteinpflasterung konnten wir Dachziegel bergen, die uns zeigen, wie die Dächer ausgesehen haben. Vielleicht können wir auch herausfinden, woher diese Dachziegel kamen. Sind sie beispielsweise auf Fehmarn hergestellt oder von woanders hierhergebracht worden?

Was steht als Nächstes auf Ihrer To-Do Liste?

Luick: Da alle Beteiligten weiterhin begeistert von dem Fundplatz sind, planen wir schon für den Spätsommer 2025 die nächste Grabungskampagne. Bis dahin bleiben wir aber nicht untätig. So werden wir im Frühjahr das gesamte Mauerwerk dreidimensional vermessen. Dafür verwenden wir zwei verschiedene Methoden: Einmal das 3D-Laserscanverfahren und einmal das „structure from motion“-Verfahren, bei dem aus vielen Einzelaufnahmen von Kameras und Drohnen ein hochauflösendes 3D-Modell erstellt wird. Die 3D-Modelle sollen uns langfristig bei der Vermittlungsarbeit helfen. Sie sind aber auch für unsere Forschungen sehr nützlich, denn mit ihnen können wir bequem am Rechner nach unterschiedlichen Bauphasen schauen, Ausbesserungsarbeiten feststellen und vielleicht auch Herstellermarken an einzelnen Steinen finden, um so weitere Fragen zur Datierung der Burg beantworten zu können.

Ich würde mich sehr über eure weiteren Eindrücke, Erfahrungen und Ausgrabungsergebnisse von der Burgruine freuen.

Bis bald, eure Debbie